Holzgitterschale
Friedberg
Geodätische Hyparschale aus Süßkastanienholz ‒ eine Kombination aus effizientem Lastabtrag, präziser digitaler Fertigung und minimalen Materialeinsatz
Mit einer stützenfreien Spannweite von 15 Metern und einer Höhe von 6 Metern ist die „Castanea Sativa Hypar“ das derzeit größte Dachtragwerk aus Süßkastanienholz. Die geodätische Form der Holzgitterschale, bestehend aus einer Sattelfläche, stellt eine effiziente und ressourcenschonende Möglichkeit dar, große Spannweiten mit geringem Materialaufwand zu überspannen. Die Dachform der Schale basiert auf einer antiklastischen, hexagonalen Topologie, die durch ein wechselseitiges Kreuzverstrebungssystem stabilisiert wird.
Die Wahl der Süßkastanie (Castanea Sativa) als Hauptbaumaterial für die Tragstruktur ist eine Reaktion auf die drängenden Herausforderungen des Bauwesens, insbesondere die Suche nach erneuerbaren, natürlichen Baustoffen aus lokalem Holz, welches einen höheren Widerstand gegenüber trockenerem Klima und längeren Dürrephasen besitzt. Aufgrund der natürlichen Wuchsform von Laubhölzern, welche nicht die Geradheit von Nadelhölzern erreicht, wird die Verwendung von kürzeren Einzelelementen erforderlich. Diese Anforderung wurde durch die reziproke Dachgeometrie aufgegriffen und konnte durch den Einsatz moderner digitaler Fertigungstechniken wie CNC-Bearbeitung und Robotik trotzdem sehr effizient gefertigt werden.
Für die statische Dimensionierung der Gitterschale wurde die permanente Struktur auf die vollen Wind- und Eislasten bemessen, um den langfristigen Betrieb unter verschiedenen klimatischen Bedingungen sicherzustellen. Im Rahmen des Planungsprozesses wurden verschiedene Modellierungsansätze des Tragwerks verglichen und darauf basierend ein Modell der gesamten Tragstruktur inklusive nachgiebiger Kopplung der Doppelstreben und Einzelverbindungspunkte zwischen den Hexagonen, sowie Druckkontakte mit Zugausfall entwickelt, um einen möglichst realistischen und detaillierten Lastabtrag abzubilden.
Ein zentraler Aspekt bei der Konstruktion des frei bewitterten Tragwerks ist der verbesserte Holzschutz durch die Verwendung von Abstandshaltern. Alle Streben sind mit einem gleichmäßigen Abstand von 8 mm voneinander entfernt, was eine notwendige Belüftung ermöglicht und die Holzoberfläche vor Witterungseinflüssen schützt. Diese Maßnahme trägt dazu bei, das Risiko von Feuchtigkeitseinlagerungen und daraus resultierenden Schädigungen zu minimieren, wodurch die Langlebigkeit der Holzstruktur gewährleistet wird. Die Verbindungen wurden aufgrund des hohen Gerbsäuregehalts des Holzes mit Edelstahlverbindern und Schrauben mit Spezialbeschichtungen umgesetzt.